Man stelle sich vor: da ist man drei Wochen im Urlaub und kommt zurück und blättert durch die Zeitung. Der VfB-Trainer heißt plötzlich nicht mehr Bruno, was nicht weiter erstaunt, obschon Bruno eigentlich als bester aller Retter galt. Jetzt hat es sich ausgerettet. So schnell kann das manchmal gehen. Wie sind wir jetzt ins Plaudern gekommen? Ach ja: das Retten! Eine Aufgabe, der sich auch die Politik verschrieben hat, und insbesondere Robert Habeck tut sich nunmehr hervor. Er möchte das Klima retten, was an sich ebenso löblich wie verantwortungsvoll ist, und so hat er jetzt die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie zur Allzweckwaffe erkoren. Es wird ernst mit der Wärmewende in der Bundesrepublik.
Gut so, möchte man meinen. Schluss mit der Abhängigkeit von Gas und Öl. Es ist Zeit zu handeln. Insofern gebührt dem Wirtschaftsminister Respekt. Doch die gut gemeinte Transformation hat leider zugleich einige handwerklich bedingte Tücken. In Deutschland gibt es laut aktuellen Erhebungen insgesamt rund 41 Millionen Heizungen. Mehr als 20 Millionen davon werden mit Gas betrieben, zehn Millionen mit Öl. Geht eine davon kaputt, so muss das neue Heizungssystem ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. So hat es Habeck mit den Seinen in der Bundesregierung durchgesetzt. Wie soll eine derart gigantische Umstrukturierung mal eben so gehen, fragt man sich und schaut auf die nackten Zahlen. Woher sollen die vielen Wärmepumpen kommen? 220.000 solcher Geräte sind 2022 in Deutschland verbaut worden, und dabei gab es oft schon sehr lange Wartezeiten für jene, die solche Anlagen erworben haben. Lieferengpässe, hieß es. Angesichts der Preise solcher Wärmepumpen, die teilweise in älteren Häusern größere Umbauarbeiten nach sich ziehen, breitet sich nebenbei seit Monaten Torschlusspanik bei vielen Immobilienbesitzern aus, die noch schnell die günstigeren Auslaufmodelle für Öl und Gas einbauen, so dass viele Heizungsbauer kaum noch Kapazitäten haben, moderne Wärmepumpen an die Frau oder den Mann zu bringen. Im nächsten Jahr sollen dann gleich 500.000 neue Anlagen in Deutschland verbaut werden, was im Klartext bedeutet, dass es mindestens doppelt so viele Monteurstunden braucht, um das Ganze zu meistern. Leider klagt die Branche schon jetzt über Mitarbeiterschwund. Wie soll das gehen?
Nun muss man wissen, dass Habeck Philosoph ist und nicht unbedingt Kaufmann oder Mathematiker. Manfred Rommel, der gleichfalls gerne philosophierende Ex-Oberbürgermeister von Stuttgart, hat einmal gesagt, dass man gegen Adam Riese keine Politik machen könne. Er hat sich getäuscht. Robert Habeck macht derzeit Politik gegen Adam Riese. Und er macht eine Politik, die mit der Versorgungssicherheit spielt. Die Wärmepumpen nämlich brauchen reichlich Strom und man fragt sich ganz unphilosophisch, wo selbiger herkommen soll, wo die halbe Republik doch jetzt auch elektrisch fährt. Die gleiche Frage: Wie soll das gehen?
Wahr ist, dass die Politik angesichts des Klimawandels zügig handeln muss. Aber ist es der richtige Weg, mit einem Zeitplan ohne Stufen von heute auf morgen alles sofort machen zu wollen? Augen zu und durch? Der Markt wird es schon richten? Das könnte sich als fataler Fehler erweisen, spätestens dann, wenn der Strom knapp wird, weil die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht mit dem politisch verordneten Stromhunger korrespondiert. So viel kann man womöglich im Land der abgeschalteten Atomkraftwerke gar nicht einkaufen in Frankreich oder Polen, wo die Meiler noch am Netz sind.
„My home is my castle“, mein Haus ist meine Burg – das war gestern. Mit der politisch verordneten Wärmewende greift der Staat ab dem kommenden Jahr massiv ein und bestimmt, was in deutschen Heizungskellern zu passieren hat. Ein Problem für viele Immobilienbesitzer, und vielleicht auch ein Schuss in den kalten Ofen. Denn was passiert, wenn der betagte Eigentümer eines älteren Hauses, in dem drei Wohnungen vermietet sind, plötzlich einen stolzen Kredit braucht, um die Heizung aufwändig zu sanieren und dabei alle Vorschriften zu erfüllen? Es könnte sein, dass er nicht mitmacht und seine Wohnungen trotzig leer stehen lässt. Schon jetzt ist Bauen und Umbauen zum Risikogeschäft geworden. Viele bereits genehmigte Bauanträge, so wird landauf wie landab aus Städten und Gemeinden berichtet, werden derzeit nicht umgesetzt, weil sich die Rahmenbedingungen durch gestiegene Baupreise und Zinsen verändert haben. Selbst große Player wie die EnBW haben angekündigt, einzelne Bauprojekte zurückzustellen.
Das sind keine guten Nachrichten für händeringend nach Wohnungen suchende Menschen oder angeworbene Fachkräfte, weil das alles zusätzlich Druck macht auf einen ohnehin schon überhitzten Wohnungsmarkt, in dem vielleicht bald Immobilien leer stehen, weil sich die Besitzer die Renovierung, so wie sie jetzt politisch geplant ist, selbst mit Zuschüssen von einem Drittel kaum leisten können. Der Wohnungsmarkt, belastet auch durch gestiegene Flüchtlingszahlen in der Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, könnte in absehbarer Zeit deutlich mehr unter Druck kommen als er es schon ist. Eine gut gemeinte Politik, die nicht gut gemacht ist, trägt dafür eine Mitverantwortung. Brechstangen waren im Umgang mit den Leuten noch nie wirklich hilfreich. Das gilt bei Häuslesbauern wie auch bei Fußballern. Retten ist eine ernste Sache. Bruno lässt grüßen.