Bodenständige Fahrraddiebe

Neulich schnaufte ich mit meinem alten Fahrrad den Schlossberg in Ludwigsburg hinauf, da überholte mich ein hochbetagter Herr mit imposantem Body-Mass-Index fröhlich winkend. Der Mann hatte ein elektrisch betriebenes Modell und fühlte sich wie ein Jungspund auf seinem Hightech-Vehikel. Ich gebe zu: es hat mich ein bisschen gewurmt, dass der Herr mit der Wampe auf dem Radweg locker an mir vorbeiflog. Zugleich hat es mich gefreut. Denn ohne seinen Drahtesel mit Elektroantrieb wäre der Gute vermutlich zu Hause auf dem Sofa geblieben. So bewegt er sich wenigstens.

Das Rad ist wieder In, bei groß und klein, bei dick und dünn. Als sich die Autos in den 1960er Jahren die Städte Untertan gemacht haben, hatte das Rad zeitweise keine guten Karten. Das hat sich geändert, was gut ist für die Volksgesundheit und fürs Klima. Ob das so bleibt? Manche Trends kommen und gehen. In den 1920er Jahren wurden Fahrräder in den Städten von mehr als der Hälfte der Menschen genutzt, um zur Arbeit zu kommen. Die Autos waren dann später bequemer. Das Rad hat nebenbei den Vorteil, dass es nur wenig Parkplatz braucht in der City. Wobei das mit dem Parken so eine Sache ist. Nicht wenige Räder werden von Menschen abgeholt, die mit schweren Werkzeugen unterwegs sind. Mehr als 700 Fahrräder verschwinden in Deutschland pro Tag. Dabei gibt es immer wieder lokale Schwerpunkte. So wurden jüngst in Leipzig 1539 Diebstähle und Versuche pro 100.000 Einwohner registriert, in Freiburg aber nur 718. Das verstehe, wer will. Fest steht, dass wieder verstärkt Fahrraddiebe unterwegs sind, die sich an fremdem Eigentum zu schaffen machen und dann über alle Berge verschwinden.

Wie sind wir jetzt ins Plaudern gekommen? Ach ja – über alle Berge! Tatsächlich sind die Übeltäter erstaunlicherweise recht bodenständig. 50 von 70 gestohlenen Rädern bleiben laut einer Studie der technischen Universität Delft vor Ort. Nur, dass jetzt jemand anderer auf dem Sattel sitzt. Forscher konnten das anhand von Trackern nachvollziehen. Überraschend für die Experten: viele der Räder wurden kurz nach dem Diebstahl direkt wieder genutzt, teilweise mit regelmäßig wiederkehrenden Routen in der gleichen Stadt. Das nennt man dreiste Diebe. Neue Mobilität stellt man sich fürwahr anders vor.

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