Billig ist für alle oft teurer

Kennen Sie das auch? Da steht man irgendwo im Stau und kämpft sich im Schritttempo voran, bis man schleichend den Grund des Problems neben sich auftauchen sieht: eine kommunale Baustelle! Kommunale Baustellen zeichnet sich nicht selten dadurch aus, dass vor ihnen ein Schild steht, auf dem es heißt: „Wir bauen hier für Sie!“ Blöd ist nur, dass man von dem angesprochenen „WIR“ keinen sieht, weil es kommunalen Baustellen leider oft auch an sich haben, dass da am hellichten Tag keiner arbeitet. Nicht selten stehen Maschinen in der Baustelle, aber es findet sich kein einziger Arbeiter, der dort seinen Job macht und für unsereinen baut, geschweige denn dafür Sorge trägt, dass die Baustelle in absehbarer Zeit nicht mehr den Verkehr lähmt. Abgase ziehen durch die Luft, und für Hunderte von Wartenden geht die Zeit dahin, was nicht gut ist für die Produktivität und den ohnehin kriselnden Wirtschaftsstandort belastet.

Einer der Gründe, warum es zu solchen Missständen kommt, liegt darin, dass Städte und Gemeinden aufgefordert sind, bei der Vergabe von Baustellen an den billigsten Anbieter zu vergeben. Und der billigste Bieter für Baustellen ist in der Regel oft nicht der Beste. Wer wäre denn der Beste? Würde man das Klima zu Maßstab nehmen und berechnen, wie viele Liter Benzin im stehenden Verkehr verdunsten, wenn eine Baustelle ein halbes Jahr dauert oder nur vier Wochen, käme man vermutlich auf ein ziemlich eindeutiges Ergebnis. Tatsächlich vergibt die Kommune aber die Arbeiten nicht an jenen Bieter, der schnell macht und vielleicht auch nachts baut oder in Zwölf-Stunden-Schichte arbeitet, denn der ist teurer. Stattdessen sozialisieren Städte und Gemeinden erhebliche Kosten, indem sie vielen Autofahrern abverlangen, so lange im Stau zu stehen, bis der billigste Bieter sein Werk getan hat. Nebenbei vergeht man sich durch diese Art des Umgangs mit Baustellen auch unmittelbar am Klima.

Vielleicht wäre es an der Zeit, politisch an diesem Punkt alte Zöpfe abzuschneiden und andere Kriterien bei der Vergabe zu berücksichtigen. Billig ist es im größeren Kontext nicht, im kleineren Kontext zu sparen. Höchste Zeit, vielleicht ein bisschen mehr zu rechnen statt sich an vermeintlichen Schnäppchen zu erfreuen, die bei genauer Betrachtung gar keine sind. Da fällt mir eine hübsche Geschichte ein. Sie handelt von einem klugen Höfling, der dem König ein Schachbrett schenkt. Der König will ihm dafür danken und den Mann entlohnen. „Was kann ich für dich tun?“, fragt der Regent. Da antwortet der Höfling: „Mögest du, edler Gebieter, das Schachbrett mit Reis auffüllen. Leg ein Reiskorn auf das erste Feld und dann auf jedes Feld jeweils die doppelte Anzahl.“ Der König freut sich ob der Bescheidenheit des Höflings und willigt belustigt ein. Tatsächlich aber braucht der König, um den bewilligten Wunsch des Höflings zu erfüllen, mehr Reis als auf der ganzen Erde wächst. Das ist Mathematik im größeren Kontext. Und die kann sich durchaus lohnen!

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