Krieg auf Kosten der Welt

Neulich saß ich in einem Flugzeug, und direkt vor mir hatte ein russischer Reisender Platz genommen. Der Mann verhielt sich ungefähr so wie Vladimir Putin sich auf der Weltbühne verhält. Er scherte sich nicht um Regeln und hatte den Anspruch, dass sein Verhalten über dem Recht der Mitmenschen steht. Trotz mehrfacher Aufforderung durch das Bordpersonal war der Mann nur widerwillig bereit, seine Sitzlehne beim Starten aufrecht zu stellen. Der hochgewachsene Russe rebellierte und war erst durch hohe diplomatische Kunst zu bewegen, seine Lehne aufrecht zu stellen. Dass der Reisende hinter ihm durch diese Haltung in seinem Raum eingeschränkt worden ist, war ihm herzlich egal.

Wie sind wir jetzt ins Plaudern gekommen? Ach ja: wie verhält man sich in diesen Tagen zur Landsmannschaft der Russen? Man könnte sagen, so wie immer! Am Besten, man achtet jeden Menschen, unabhängig davon, wo er herkommt. Um ehrlich zu sein: das ist klug gesprochen, aber in diesen Tagen mitunter gar nicht so leicht. Denn das, was Russland in der Ukraine tut, ist nicht nur menschenverachtend und eine Belastung für ganz Europa, sondern es hat auch unmittelbare Auswirkungen auf jeden einzelnen von uns, auch hierzulande und weit darüber hinaus. Wahr ist, dass Tausende von Menschen in der Ukraine sterben und abertausende ihr Hab und Gut verlieren. Wahr ist, dass so viele junge Menschen auf beiden Seiten ihr Leben einbüßen, ohne je wirklich gelebt zu haben. Und wahr ist auch, dass Hunderttausende von Flüchtlingen unterwegs sind und dadurch auch hierzulande viele Kommunen an die Grenze dessen kommen, was sie leisten können. Eine Begleiterscheinung des von Russland begonnen Angriffskrieges ist, dass Energie in der Folge teurer wird und viele Menschen mit niedrigen Einkommen auf absehbare Zeit größte Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Nicht ausblenden lässt sich auch, was bisher eher noch wenig diskutiert wurde als Kriegsfolge, nämlich dass dieser Irrsinn immensen Klimaschäden verursacht. In Zeiten des Krieges interessiert sich keiner dafür, ob ein Panzer eine Ölspur hinter sich herzieht, ob Millionen Liter Treibstoff verballert werden, ob irgendwo ein Benzinlager brennt, ob ganze Landstriche verwüstet werden.

Seit dem 24. Februar 2022 haben Umweltorganisation mehr als 1000 russische Umweltverbrechen aufgelistet – Tendenz steigend. Wie sehr sich diese Umweltverbrechen unmittelbar auf das Klima auswirken, kann nur gemutmaßt werden. Zum Vergleich: alleine der Irakkrieg 2003 wurde mit rund 41 Millionen Tonnen CO2 hochgerechnet. Die Kriegskosten hätten der USA ermöglicht, 25 Prozent der Energieproduktion auf Windkraft umzustellen und dadurch 1 Milliarde CO2-Emissionen zu sparen. Ähnlich wird es auch jetzt in der Ukraine sein. Wie verhält man sich also zu Russen? Die meisten Menschen in Putins weitem Reich sind wahrscheinlich höchst liebenswerte und friedliche Zeitgenossen. Und auch in Russland trauern Eltern um ihre Söhne, die in einen absurden Krieg geschickt worden sind. Wie also soll man Menschen begegnen, die Teil eines Landes sind, das einen verheerenden Krieg führt und mitunter darauf hinweist, dass es über Atomwaffen verfügt – und der Wind die Vernichtung im Zweifel über Hunderte von Kilometern trägt. Ich weiß darauf keine befriedende Antwort, aber ich weiß, dass es neuerdings größere Denkschleifen auslöst, wenn sich ein Russe wie ein Elefant im Porzellanladen verhält, der vor einem im Flugzeug sitzt.

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