Energiewende schwer gemacht

Manfred Rommel, der einst legendäre Oberbürgermeister von Stuttgart, hat einmal über die deutsche Politik gesagt: „Es wird viel nachgedacht, quer gedacht und umgedacht, aber wenig zu Ende gedacht.“ Dieser Spruch kam mir neulich in den Sinn, als ich über die allseits proklamierte Energiewende in dieser Republik nachdachte. Auf der einen Seite kleben sich Menschen auf Straßen fest, um zu demonstrieren, wie wichtig es ist, möglichst schnell den Schalter umzulegen. Auf der anderen Seite wird dort, wo es möglich wäre, den besagten Schalter tatsächlich umzulegen, durch überbordende Bürokratie gebremst und verhindert, wo es nur geht. Eine der Folgen davon ist, dass wie in Vorkriegszeiten tausende Tonnen Kohle verstromt werden, was dem Umstieg auf regenerative Energien ebenso Hohn spricht wie dem Parteiprogramm der Grünen.

Ich habe mir im Januar eine Photovoltaik-Anlage geleistet – mit reichlich Solarzellen auf dem Dach und jeder Menge Technik im Keller. Seit die Handwerker fertig sind, wäre es möglich, nahezu den gesamten Bedarf des Eigenheims über die Sonnenenergie zu decken. Doch ach, es muss ein Fachmann her, der einen schlichten Zähler auswechselt. Erst dann darf die Anlage offiziell betrieben werden und erst dann, kann der eingespeisten Strom auch tatsächlich gezählt werden. Bis der besagte Fachmann kommt, so wurde mir von der ausführenden Solarfirma bedauernd erklärt, könne es Wochen oder gar Monate dauern. Soviel zum schnellen Umstieg.

Wie mir geht es derzeit offenbar vielen Besitzern von PV-Anlagen. Die Solarazellen wären bereit zu tun, wofür man sie geschaffen hat, nämlich Strom zu produzieren – aber leider dürfen sie nicht, weil die deutsche Bürokratie überarbeitet ist. Wenn man unserem leidenschaftlich philosophierenden Wirtschaftsminister Robert Habeck so zuhört und ihn richtig deutet, ist es 5 vor 12 Uhr. Aber was schert das alles die deutsche Bürokratie, die laut eigenem Bekunden zu wenig Mitarbeiter für die Zeitenwende hat? So bleibt das Gute auf der Strecke, respektive auf den von der Sonne bestrahlten Dächern.

Dies ist nicht der einzige Fall, bei dem das Monster der Bürokratie unerbittlich zuschlägt. 60 Aktenordner und 20 Schnellhefter kamen laut offiziellen Meldungen im Rems-Murr-Kreis zusammen für die Genehmigung von drei Windenergieanlagen zwischen Welzheim und Plüderhausen. Dies entspricht 15 Umzugskartons und Druckkosten in Höhe von mehr als 10.000 Euro. Ein Drucker übrigens braucht auch Strom, und wenn selbiger von Solardächern kommen soll, taucht das nächste Problem am vom Kohlesmog eingetrübten Horizont auf. Die Genehmigungsbehörde verlangte den Antrag laut einem Bericht allen Ernstes 15mal in der Vollversion auf Papier und 10mal in der Vollversion digital sowie 22 Exemplare einer Kompaktversion in Papierform. Ein Beispiel dafür, wie die Energiewende unter Stapeln von Dokumenten begraben wird. Höchste Zeit, dass in diesem Land Bürokratie abgebaut wird, sonst sieht es bald düster aus. Wie sagte Manfred Rommel so trefflich: „Wäre die deutsche Politik ein Auto, ich fürchte, sie käme schon seit Jahren nicht mehr durch den TÜV.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert