Das kann kein Schwein lesen

Es ist ein Kreuz mit den modernen Smartphones. Die Dinger können viel und sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nachts leuchten Sie uns nach Hause, das Navi geleitet uns durch die Straßen. Telefonieren kann man mit den Dingern, Nachrichten schreiben, Aktienkurse abfragen, Musik hören und Fotos machen. Keine Frage, unsere kleinen Begleiter werden immer gescheiter. Doch leider wohnt in ihnen nicht nur reichlich Technik, sondern auch reichlich Suchtpotential. Und weil das so ist, hängen immer mehr Zeitgenossen über ihren Smartphones, was nach Ansicht von Psychologen zunehmend die familiäre Eintracht bedroht.

Natürlich gibt es dafür bereits einen Fachbegriff, den man sich merken muss, um mitreden zu können: „Phubbing!“ Das Wort setzt sich aus den englischen Vokabeln „Phone“ für Telefon und „Snubbing“ für brüskieren zusammen und bezeichnet die leider weit verbreitete Angewohnheit, sich mehr dem Smartphone zu widmen als dem Gegenüber. Insbesondere bei Paaren kann dies zu Problemen führen. Während die Dame des Hauses abends am Tisch sehr persönlich von ihrem Tag erzählen will, ordnet er auf seinem Handy plötzlich die Fotos des Tages und findet nichts dabei. Und schon ist Streit programmiert. Das kann böse enden.

Psychologen empfehlen, als Paar gemeinsam Situationen zu benennen, in denen das Smartphone außen vor ist. Tabuzonen schaffen ohne Waffen. Ein weiterer gute Ratschlag: einfach die Lesebrille verlegen. Insbesondere ältere Semester vermögen nämlich die Botschaften auf den kleinen Bildschirmen nur noch zu erkennen, wenn sie sich veritable Vergrößerungsgläser auf die Nase setzen. Sind die nicht da, wird das Handy schnell langweilig. Lauter verschwommene Botschaften. Kann keine Sau entziffern.

Wie sind wir jetzt ins Plaudern gekommen? Ach ja: „Kann kein Schwein lesen!“ Diese Redensart hat mit Schweinen rein gar nichts zu tun, wie ich neulich vernommen habe. Die unlesbare „Sau“ hat es ins Lexikon der populären Irrtümer geschafft, wo man dergleichen nachlesen kann, wenn man sich der Lesebrille bemächtigt. Tatsächlich geht der Spruch mit dem Schwein, das nicht lesen kann, auf die Familie Swyn aus dem Dithmarschen zurück. Die Swyns waren angesehen und kluge Leute. Hatte einer aus der Familie seine Probleme mit dem Entziffern eines Schriftstücks, so hieß es: „Dat kann kein Swyn lesen.“ Woraus dann der Spruch vom Schwein entstanden ist. Saumäßig komisch, was wir so alles mit der Sprache machen. Während ich diese Zeilen tippe, hat mir meine Tochter eine Nachricht geschickt. Ich kneife die Augen zusammen. Plötzlich ist die Nachricht gelöscht. War wohl nicht so wichtig. Schwein gehabt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert